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Selbstbestimmung im Arbeitsalltag

In Artikel 2 des Grundgesetzes heißt es: „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit...“ also die Freiheit, über sein Leben selbst zu bestimmen, ein Menschenrecht, das auch durch unsere Verfassung geschützt ist. Der Wunsch „Herr über sich selbst“ zu sein, ist in unserer Psyche fest verankert. Doch wirkliche Selbstbestimmung oder Autonomie lässt sich gerade im Arbeitsumfeld oft nur schwer realisieren. 

Vor allem Personen im unteren und mittleren Management sind laut „Wirtschaftswoche“ häufig betroffen, die über zunehmende Fremdbestimmtheit klagen, „gefangen zwischen Meetings und Präsentationen, Geschäftsreisen und Personalgesprächen, den Wünschen ihrer Mitarbeiter und den Ansprüchen der Vorgesetzten.“ 

 

Nur ein fremdbestimmtes Rad im Getriebe?

Und diese Gruppe leidet auch am meisten unter dem Verlust der Selbstbestimmtheit, oft mit dem Risiko von Burn-out Erscheinungen, das erst in den Top-Etagen wieder sinkt, wie der Studienautor Niels Van Quaquebeke im Rahmen einer Untersuchung der Kühne Logistics University in Hamburg feststellte. „Dafür sorgt das deutlich höhere Maß an Autonomie, über das die Manager dort verfügen.“ 

 

Im mittleren Management dagegen herrscht oft ein Gefühl der Ohnmacht, ausgelöst bereits dadurch, dass schon die Reihenfolge des Vorgehens oder das Arbeitstempo nicht selbst bestimmt werden kann. Aufgerieben im Alltagsgeschäft und ständig eingespannt zwischen den Erwartungen von Kunden, Geschäftspartnern, den eigenen Teammitgliedern bis zum Vorstand. Gelegenheit für zurückgezogenes Arbeiten ohne Unterbrechungen, für kreative Gedanken und strategische Planung bleibt dabei meist kaum.  

 

Mehr Autonomie = mehr Leistung

Dabei ist selbstbestimmtes Arbeiten vor allem ein wichtiger Motivationstreiber. Je motivierter Mitarbeiter sind, desto produktiver sind sie und umso höher ist die Qualität der geleisteten Arbeit. Eine Formel, die sich immer wieder durch Praxiserfahrungen bestätigen lässt. Und davon profitiert letztlich auch der Arbeitgeber. Führungskräfte sollten deshalb in erster Linie Engagement fördern, Entscheidungen delegieren, Raum geben und Unterstützung bieten, statt enge Rahmen zu setzen und Mikromanagement zu betreiben. 

Weniger „straffe Zügel“ sind heute gefragt, sondern eine Unternehmenskultur der Partizipation, als zentraler Wert im Unternehmen. 

 

Doch was können vom allseitigen Druck Betroffene selbst tun, um den ständigen Termin- und Leistungsmarathon zu bestehen? Gibt es Wege aus dem Hamsterrad? Der erste Schritt zur Selbstbestimmung ist die Selbstwahrnehmung. Dazu kann unter anderem ein Perspektivwechsel gehören. Nicht nur die negativen Aspekte des Arbeitsumfelds zu sehen, sondern sich auch der Vorteile bewusst zu werden, die immer auch mit einer verantwortlichen und in der Regel gut honorierten Tätigkeit verbunden sind. Wenn sich Vor- und Nachteile die Waage halten, lohnt es sich zumeist an Veränderungen zu arbeiten, die zu einem besseren Selbstgefühl und letztlich mehr Selbstbestimmtheit im Job beitragen können. 

Die Mär vom Multitasking und der Zeigarnik-Effekt 

Frauen wird ja nachgesagt, sie seien, anders als die Männer in der Lage, gleichzeitig viele Dinge zu tun und sogar zu denken. Schön wär’s. Aus neurobiologischer Sicht existiert Multitasking nicht. Unser Gehirn kann sich immer nur auf ein Thema konzentrieren. Unser Bewusstsein, so die Erklärung, hat zu jedem Zeitpunkt nur einen Inhalt. Wir können also tatsächlich Dinge nur nacheinander abarbeiten. 

Selbstführung

Was bedeutet dies für das Thema Selbstführung? Wenn ich mich auf eine Aufgabe konzentriere und diese zum Ende führe, schenkt mir dies Gedanken wie: „Ja, habe ich geschafft, ist erledigt, kann ich “abhaken“. Ich habe also das gute Gefühl, etwas vollendet zu haben. Gerade heutzutage ein sehr wertvolles Gefühl. Denn wie oft kommt es vor, dass Menschen sich nicht auf den Feierabend freuen können, weil noch so viel Unerledigtes die Gedanken dominiert, die unbeantworteten E-Mails, der nicht getätigte Anruf …  

Wenn ich es nicht hinkriege, mich immer wieder auf ein Thema zu fokussieren, komme ich nicht zur Ruhe. Die Fehlerrate steigt, wenn ich Dinge gleichzeitig mache – telefonieren und gleichzeitig eine Mail schreiben ist nicht nur dem anderen gegenüber unhöflich bis nicht wertschätzend, sondern es kann eine Kette von unangenehmen Ereignissen nach sich ziehen: Im Ton vergriffen, an die falschen Ansprechpartner geschickt, der Kunde merkt, dass man nebenher arbeitet und ist verärgert. 

Wir können nicht mehr allem gerecht werden 

Weil wir modernen Menschen nicht mehr allen Aufgaben gerecht werden können, fühlen wir uns schlecht. Wir versuchen möglichst viel gleichzeitig und in wenig Zeit zu stopfen und werden weder unseren Ansprüchen noch der gewünschten Arbeitsqualität gerecht. Denn bei vielen ist die Anerkennung durch Leistung ein Teil ihrer Prägung.  

Dass wir unser Pensum nicht mehr schaffen – dies hat definitiv nichts mit schlechter (Selbst-) Organisation oder mit zu wenig Anstrengung zu tun. Es ist einfach nicht mehr möglich – es sind zu viele Aufgaben. „In meinen Coachings und Trainings spreche ich immer wieder davon, wie wichtig es ist, ein vollendetes Projekt im Team zu feiern. Das nächste ist in der Regel bereits in der Pipeline oder hat meist schon gleichzeitig begonnen. Es ist sehr wichtig, innezuhalten und sich am Erfolg zu freuen und damit zu einem Abschluss zu kommen“, empfiehlt Beraterin und Coach Karin Bacher. Denn ohne dies kommt es bei uns Menschen schnell zu physischem und psychischem Unbehagen und auch im Team bricht die Leistung ein. 

Was bedeutet der Zeigarnik-Effekt? 

Den Begriff prägte 1927 die Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik an der Universität Berlin: Unerledigte Dinge lassen uns nicht los, wir befassen uns immer wieder damit und fühlen uns damit schlecht. 

Obwohl wir wissen, dass Multitasking nicht funktioniert, versuchen wir es trotzdem immer wieder. Die Folge - wir bringen Dinge nicht mehr zu Ende. Wenn wir hin und her springen, erledigen wir am Ende weniger. Und das ist der Beginn unseres selbst kreierten Teufelskreises. 

Tipps

Hier ein paar Tipps, wie man sich selbst aus dem Teufelskreis führen kann: 

 1. Eigene Grenzen setzen: Entweder ein Zeitlimit einhalten „Heute arbeite ich bis 18:00 Uhr und gehe dann zum Sport“ oder ein inhaltliches „Wenn ich diese eine Arbeit abgeschlossen habe, gehe ich nach Hause“. Mantra: Dann ist es genug. 

2. Streng nach Prioritäten arbeiten, die eigenen Ansprüche damit relativieren. Es ist einfach nicht möglich, alles zu machen. Also was ist wichtig, was muss ich wirklich diese Woche oder heute noch erledigen? So lange priorisieren, bis ein realistischer Plan dasteht. Mantra: Das wichtigste ist erledigt. 

3. Nicht das Gefühl haben, sich rechtfertigen zu müssen. Es bleibt immer etwas liegen, es ist einfach unmöglich, jede Mail sofort zu beantworten. Mantra: Ich gebe mein Bestes mehr geht nicht. 

4. Eins nach dem anderen erledigen, Fremdbestimmung so weit wie möglich reduzieren. Neinsagen lernen und Störendes abschalten. Es zu lassen, nicht jeden glücklich gemacht zu haben. Mantra: In der Ruhe liegt die Kraft. 

5. Gut in den Tag starten: Kleine Aufgaben von fünf bis 10 Minuten in der ersten Stunde erledigen. Am besten auf der To-do-Liste dann gleich durchstreichen. Der Tag beginnt gleich ganz anders … Mantra: Ich fühle mich gut, habe bereits etwas geleistet. 

Unterstützung durch Mantra

„Besonders das Mantra: „Ich gebe mein Bestes, mehr geht nicht“ hat mir sehr geholfen, meinen Perfektionismus zu relativieren. Auch ich habe lernen müssen, dass ich mir selbst mit meinen Ansprüchen im Weg stehe“, Beraterin Karin Bacher in einem Achtsamkeits-Workshop.

 

Selbstmanagement und Achtsame Selbstführung

Beschleunigung im Arbeitsleben belastet Berufstätige 

„Die Arbeitswelt hat sich gewandelt - Arbeitnehmer müssen immer mehr Aufgaben in weniger Zeit erledigen. Dadurch sinken Engagement und Zufriedenheit. Das sind die Ergebnisse eines Forschungsprojektes von Arbeitspsychologen der Universität Wien.“ (Quelle

Viele Berufstätige finden sich in dieser Beschreibung wieder. Die Digitalisierung verändert unser Arbeitsleben, die Anforderungen steigen stetig. So kommt es, dass viele Arbeitnehmer und insbesondere Führungskräfte mittlerweile einfach nur versuchen, zu funktionieren. Allen Anforderungen gerecht zu werden, alle Aufgaben zu erledigen und die Erwartungen der eigenen Mitarbeiter und Vorgesetzten zu erfüllen. Das löst auf Dauer Stress aus. Im Stress reagieren wir häufig anders, als wir es eigentlich von uns erwarten bzw. uns wünschen würden. 

Im Autopiloten auf der Arbeit 

Jon Kabat-Zinn, der die Methode der Mindful Based Stress Reduction (MBSR) entwickelt hat, bezeichnet unser Verhalten in Stresssituationen als „Autopiloten“. Das heißt, dass wir dazu tendieren, in solchen Situationen nicht mehr mit eigenen, bewussten Entscheidungen zu agieren – sondern automatisiert mit dem immer gleichen Muster auf gewisse Situationen zu reagieren. Analog zum Autopiloten eines Flugzeugs, der nur in bestimmten Situationen eingreift. Im Nachhinein ärgert man sich dann über sich selbst und fragt sich, wie es so weit kommen konnte und warum man sich schon wieder aufgrund einer Kleinigkeit so sehr aufregen konnte – anstatt ruhig und besonnen auf die Situation zu reagieren.  

Hier setzt die Achtsamkeitsbewegung an. Denn bei Achtsamkeit geht es darum, den eigenen Automatismen auszuweichen, um sich besser selbst zu regulieren. Sich auf die wichtigen Dinge zu fokussieren, bereits bevor eine Stresssituation entsteht und auf den Moment zu konzentrieren, um selbstbestimmt zu handeln und sich selbst zu führen. Die Situation zu beobachten, ohne sie zu bewerten und sich direkt von (negativen) Gefühlen leiten zu lassen. Nicht bereits einen Schritt voraus zu sein, sondern auch mal stehen zu bleiben oder einen kleinen Schritt zurück zu gehen – und dann eine bewusste Reaktion auf die Situation zu wählen. 

Den Blick auf sich selbst richten 

Achtsamkeit befähigt uns, einen besonnenen Blick von außen auf die Situation zu werfen – sich aus dem Tunnelblick zu befreien und die Aufmerksamkeit auf die eigenen Ressourcen zu richten. Als Ressourcen sind hierbei die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen gemeint, die uns dabei helfen, schwierige Situationen zu meistern.  

Wer sich selbst führt und achtsam mit seinem Körper und seiner Psyche umgeht, steigert nicht nur seine Konzentration, Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Eine achtsame Person hat auch eine ganz andere Außenwirkung: Achtsame Menschen wirken… 

…selbstbestimmt und fokussiert. 

… motivierend für andere Menschen. 

…durch ihre innere Stärke authentisch. 

…durch ihr positives Mindset besonders sympathisch. 

…besonnen. 

 

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Mindful Leadership

Vom Reaktions- in den Aktionsmodus  

 

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